Management, Persönlichkeit

Warum kann´s nicht perfekt sein?

Perfektionisten haben es nicht leicht. Sie stellen übermäßig hohe Anforderungen an sich und andere. Aus Angst, die eigenen Ansprüche nicht erfüllen zu können, kommen Sie in ihren Aufgaben selten zu einem zufriedenstellenden Ergebnis. Beides kann im beruflichen Kontext zu Problemen führen. Psychologen haben in einer Meta-Analyse untersucht, ob Perfektionismus im Beruf als Schwäche oder Stärke anzusehen ist.

Umfangreiche Forschungen zeigen, dass die Psychologie des Perfektionismus ziemlich komplex ist. Perfektionisten streben nach fehlerfreier Arbeit und sind motivierter und gewissenhafter als Nichtperfektionisten. Sie neigen jedoch auch dazu, unflexible und übermäßig hohe Standards zu setzen und ihr Verhalten zu kritisch zu bewerten. Perfektionisten liefern entweder eine perfekte Leistung ab oder einen Totalausfall. Das ist zumindest die eigene Wahrnehmung. Kein Wunder, dass sie öfter an Stress und Burnout leiden.

Perfektionismus ist eine größere Schwäche, als viele annehmen

Während bestimmte Aspekte des Perfektionismus am Arbeitsplatz durchaus von Vorteil sein können, beeinträchtigen andere die Beschäftigten deutlich. US-Psychologen haben 95 Studien und Untersuchungen aus vier Jahrzehnten Perfektionismusforschung auf die Frage hin untersucht, ob Perfektionisten leistungsfähiger sind. Die kurze Antwort lautet: Perfektionismus ist eine viel größere Schwäche, als viele Personen vermutlich annehmen.

Die Ergebnisse bestätigen zwar, dass Perfektionisten motivierter bei der Arbeit sind, länger arbeiten und engagierter sind. Die Meta-Analyse zeigt jedoch auch, dass mit Perfektionismus zahlreiche „nachteilige“ Aspekte wie höhere Burnout-Werte, Stress, Arbeitswut, Angstzustände und Depressionen einhergehen. Die Forscher wollten nun wissen, wann sich diese Effekte zeigen.

Perfektionismus ist nicht gleich Perfektionismus

Das Team hat zwei unterschiedliche, aber miteinander verbundene Unterdimensionen des Perfektionismus identifiziert. Als Perfektionismus für Exzellenz bezeichnen sie die Tendenz, übermäßig hohe Anforderungen zu stellen und zu fordern. Nach Perfektion strebende Menschen bewerten nicht nur ihre eigene Leistung streng, sondern stellen auch hohe Leistungserwartungen an ihre Mitmenschen.

Die zweite Tendenz bezeichnen sie als fehlervermeidenden Perfektionismus. Charakteristisch für diese Spielart ist die obsessive Besorgnis darüber, dass die eigene Arbeit nie ganz richtig oder gut genug ist. Versagensvermeidende Perfektionisten glauben, dass sie den Respekt der anderen verlieren, wenn sie keine hundertprozentig zufriedenstellende Leistung erreichen.

Beide Dimensionen des Perfektionismus zeigen negative Effekte

Tatsächlich haben die Nachforschungen ergeben, dass sich beide Dimensionen des Perfektionismus nachteilig auf das Befinden der Menschen auswirken. Allerdings konnten die „vorteilhaften“ Wirkungen des Perfektionismus stärker bei den Personen nachgewiesen werden, die nach dem besten Ergebnis streben. Auf der anderen Seite konnten die „nachteiligen“ Auswirkungen stärker bei denjenigen nachgewiesen werden, die Verhaltensmuster des fehlervermeidenden Perfektionismus zeigen.

Perfektionisten sind nicht besser oder schlechter als Nichtperfektionisten

Wir nehmen zwar an, dass Personen, die nach Perfektion streben, „bessere“ Ergebnisse erzielen. Die Untersuchungsdaten zeigen aber, dass sogar hochqualifizierte Mitarbeiter, die Perfektion suchen, keine „besseren“ Leistungen erbringen. Vermutlich verbringen Perfektionisten zu viel Zeit damit, bestimmte Arbeiten oder Projekte zu perfektionieren, während sie andere Aufgaben oder Projekte vernachlässigen.

Alles in allem zeigen die Ergebnisse, dass Perfektionismus bei der Arbeit nicht sehr konstruktiv ist. Motivation und Gewissenhaftigkeit werden im Allgemeinen positiv für Mitarbeiter und Organisationen betrachtet, doch lässt sich kein Zusammenhang zwischen Perfektionismus und Leistung erkennen. Zusammen mit den starken negativen Auswirkungen des Perfektionismus auf Burnout und das psychische Wohlbefinden, lässt sich auf eine nachteilige Wirkung für Mitarbeiter und Organisationen schließen.

„Gut genug“ ist das neue „perfekt“

Welche Konsequenzen können wir daraus für unsere tägliche Arbeit ziehen? Das Wichtigste scheint mir zu sein, dass Perfektionismus nicht etwas ist, was zusätzlich im Unternehmen eingefordert werden sollte.

Darüber hinaus sollten sich Perfektionisten bewusst sein, dass Ihr Verhalten die eigene Arbeit sowohl positiv als auch negativ beeinflussen kann. Zweitens können Perfektionisten sich eingestehen, dass „gute“ Ergebnisse auch ausreichend sind. Statt einen Satz fünfmal zu schreiben und zu optimieren, könnte auch eine Korrekturschleife reichen. 🙂

Führungskräfte und Vorgesetzte hingegen sollten nicht ständig an Leistungsziele appellieren. Das scheint mir bei Perfektionisten wirklich unnötig zu sein, da sie sich im Normalfall an die höchstmöglichen Standards halten. Sinnvoll kann es aber sein, die Erwartungen an die Mitarbeiterleistung detailliert zu beschreiben und Fehlertoleranzen offen zu kommunizieren. Drittens können Gesundheitsprogramme Stress und Burnout vorbeugen.

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