Birgit Gebhardt, Zukunftsforscherin gibt in einem provokanten Vortrag auf der Zukunft Personal einen Einblick in die neue Arbeitswelt. Digitalisierung, demografische Entwicklung und Wertewandel prägen den Umbruch, der ähnlich wirkmächtig wie die industrielle Revolution sein wird. Neben dem Vortrag, in dem die Keynote-Speakerin die Treiber und Herausforderungen der new work order prägnant vorstellte sowie Lösungsimpulse für die Verwirklichung vorschlug, sollte die zweite Sektion durch die Anwesenden selbst gestaltet werden. Mit dem Tool nextmoderator wurden Meinungen, Beiträge und Anmerkungen unter dem Thread „Welche Herausforderungen sehen Sie?“ und „Mit welchen Maßnahmen kann das Personalmanagement den Wandel einleiten?“ in einem virtuellen Raum gesammelt, unter den Teilnehmern zur Diskussion gestellt und für die Veranstaltung aufbereitet.
Die new work order
In der zukünftigen Arbeitswelt haben Maschinen einen Vorsprung, weil sie die Aufgaben von Verwaltung und Sachbearbeitung über Big Data und Algorithmen effizienter und umfassender lösen können als die bisherigen Mitarbeiter. Das Internet der Dinge, Tracking und Echtzeitanalyse von Bestands- und zukünftigen Kunden werden die Produktivitätsstrukturen der Unternehmen verändern. Die Wertschätzung des Kunden wird zur Triebfeder des unternehmerischen Erfolgs, nicht das, was Mitarbeiter und Maschinen realisieren können. Drei Mitarbeitergruppen prägen das Unternehmensgefüge:
- Wissensarbeiter, die Ideen, Trends und Branchenneuerungen aufspüren und für das Unternehmen umsetzen,
- flexible Fachkräfte, welche die Produktionsprozesse überwachen und regulieren und
- Hilfsarbeiter.
Gebhardt stellt die provokante Frage, ob die Unternehmen und vor allem die Personalentwicklung darauf vorbereitet sind, die individuellen Wünsche der unternehmenseigenen Zielgruppe zu erfüllen? Sie befürchtet, dass dem nicht so ist und begründet dies z.B. mit den herrschenden Unternehmensstrukturen. Heute sind über 60% der Mitarbeiter davon überzeugt, dass sie sich Wissen selbst beibringen. Zukünftig wird es aber darum gehen, Kooperation, Offenheit und das Teilen von Ressourcen zu leben. Die neue Arbeitskultur wird zeigen, dass Führungskräfte von Praktikanten, junge Mitarbeiter von alten lernen können.
Diese Veränderung ist nicht unbedingt technischer Natur, sondern beruht auf einem höheren Grad der Vernetzung. Die zukünftige Wertschöpfung kann nur gelingen, wenn alle Mitarbeiter des Unternehmens an der Kommunikation beteiligt sind. Allerdings und das betont Gebhardt immer wieder, müssen sie auf diese Situation vorbereitet werden. Denn sie bietet weniger Sicherheit, Struktur und Status aber mehr Mitarbeitersouveränität und Selbstvermögen. Die Gruppe derjenigen, welche die alten Arbeitsstrukturen hinterfragen und den neuen Herausforderungen offensiv gegenüberstehen ist klein.
Welche Herausforderungen sehen die Unternehmen – Einige Beispiele:
- Kann Arbeitszeit als Zeit für Lernen und Vernetzung freigegeben werden?
- Wie schafft man es, dass die unsicheren Arbeitswelten nicht zu einer Blockade der Mitarbeiter führen?
- Wie kann mit Überlastung und der Entgrenzung von Arbeit umgegangen werden?
Gebhardt schlägt vor, den Mitarbeitern mehr Freiräume zu geben und die Kontrolle zu reduzieren. Sie bezieht sich dabei auf Douglas McGregor, der in seiner Theorie Y begründete, dass der Mensch zu Selbstdisziplin fähig ist, wenn er intrinsisch motiviert an der Erreichung eines Zieles arbeiten kann.
Ansätze zum Weg in die vernetzte Arbeitskultur
In den folgenden Unternehmensbereichen sieht die Referentin Handlungsoptionen und gibt Impulse für eine veränderte Arbeitskultur:
- Strategie/Ziele: Unternehmerisches Denken des einzelnen Mitarbeiters kann entstehen, wenn eine Informationstransparenz innerhalb des Unternehmens besteht. Projektarbeit muss hierarchieübergreifend und nicht on-top zur Standardarbeit durchgeführt werden. Mitarbeiter müssen raus aus den Büros, rein in neue Räume, die ein vernetztes Arbeiten auch präsentieren.
- Gesundheit und Wohlfühlen: Prävention ist keine Methode das Schlimmerwerden von Arbeitssituationen zu verhindern sondern dient dazu, den Einzelnen selbst zu bemächtigen, mehr Freiräume zu schaffen und eigenverantwortlich zu nutzen.
- Lernen und Wissen: Medienkompetenz aufbauen
- Partnering/Synergien: Was ist die Kernkompetenz des Unternehmens? Wo kann ich mit Partnern besssere Ergebnisse schaffen? Welche Aufgaben lasse ich von anderen Unternehmen verrichten?
Im Ergebnis entsteht eine Arbeitsumgebung, die auf das Prinzip der Selbstorganisation setzt. Dafür muss das Wissen in einer internen Unternehmensplattform gebündelt werden. In Arbeitsgruppen werden die Profile der beteiligten Personen sichtbar. Arbeitsaufträge können personalisiert werden, Verantwortlichkeiten werden klarer. Feedback von Kunden als auch Mitarbeitern kann direkt an die beteiligten Personen weitergereicht werden. Der workflow ist jederzeit und überall abrufbar. Physische Treffen sind auch hier nötig und wichtig. Allerdings müssen Arbeitsorte stärker als bisher in ihrer äußeren Erscheinung zeigen, für welche Handlungen sie vorgesehen sind. Es sind Räume nötig, die zu folgenden Tätigkeiten einladen: konzentrieren, erholen, Lernen, kreativ sein, vernetzen, kollaborieren.
Der Vorteil dieser Arbeitsstruktur liegt auf der Hand: Gemeinsame Ziele wirken als interne statt externe Anreize und wirken damit stärker. Wissenstransfer und kollaborative Problemlösungstrategien können in Echtzeit angewendent werden. Das Involvement innerhalb der Community definiert den sozialen Status, nicht die Hierarchieebene auf der sich der Mitarbeiter befindet.