Führung, Kommunikation, Persönlichkeit

Führungskräfte von morgen entwickeln

New Leadership: 3 Interviewfragen, die es in sich hatten…

Marion Schopen dachte sich: „Sind doch ganz einfache Fragen – schnell beantwortet – oder?“

Nö, ganz und gar nicht, denn die Fragen haben es in sich, auch dann, wenn strategische Personalentwicklung seit vielen Jahren „Daily Business“ ist.

Ihre Antworten die ihr Corinna Bokermann im Auftrag von „Das kommt aus Bielefeld“ entlockt hat gibt es hier.

 

Wie werden aus erfahrenen, operativen Fach- und Führungskräften Leader für die nächste Generation von Mitarbeitenden und welche Zukunftskompetenzen brauchen sie für die Arbeitswelten von morgen? Mit Marion Schopen, Geschäftsführende Gesellschafterin vom IME – Institut für Management-Entwicklung, haben wir über die Visionen, Voraussetzungen und das Bewusstsein gesprochen, die es dafür braucht. 

New Work, Globalisierung, Pluralität, Diversität, Inklusion oder Interkulturalität – der Wandel in unserer Arbeitswelt hat viele Gesichter. Um als Führungskraft von morgen einen guten Job zu machen, braucht es einen ganzen Kanon an Kompetenzen. So viel steht fest. Und so spricht Marion Schopen von einer Leadership Journey, die man als moderne Führungskraft heute antritt. Dahinter steckt eine Lern- und Entwicklungsreise. Und es ist ein Weg, der sich in Teilabschnitte gliedert und auch mal gabelt. Denn ein gestecktes Ziel ist nie das finale. „Eine Leadership Journey ist ein lebenslanger, vor allem aber auch ein strategischer Prozess“, erklärt Marion Schopen mit Blick auf die Zielgruppe der Young Professionals. „Doch dafür braucht es zunächst einmal eine Vision, eine Strategie und eine Führungsriege im Unternehmen, die mutig ist, vertraut und Veränderung zulässt. Das ist die Ausgangsbasis, um die Talente von morgen zu entwickeln“, so Marion Schopen. 

 

Future Skills

Im Vergleich zu früher sind für die Bewältigung künftiger Führungsaufgaben heute andere Kompetenzen gefragt. Neues mit Altem zu erledigen, funktioniert nicht mehr. „Früher ging es um kompetenzbasiertes Lernen vorrangig für die Umsetzung am Arbeitsplatz. Performance war alles und damals nicht falsch“, macht die Personalentwicklerin deutlich. Heute ist man allerdings in anderen Welten unterwegs. In einer digitalisierten Welt, in der sogenannte Future Skills vonnöten sind. Im Bereich People Management heißt es beispielsweise, sozial nachhaltig zu agieren. Die Arbeit mit den Menschen steht heute viel stärker im Mittelpunkt. Für das Talentmanagement bedeutet dies, die Zielgruppe genau in den Fokus zu rücken. „Die Entscheider*innen von heute müssen sich bewusst machen, welche Generation sie anspricht, wie sich diese verhält und sich selbst auf den Prüfstand stellen, wenn es um Talententwicklung geht. Das ist wichtig“, betont Marion Schopen. Als Digital Natives zeichnen sich die jungen Talente nämlich nicht nur durch eine andere Kommunikationskultur aus. Sie bringt auch andere Reizpunkte mit. „Wenn wir also über Karrierepfade sprechen, müssen wir uns damit beschäftigen, welche Bedeutung Karriere für die junge Generation hat und welche Entwicklungsmöglichkeiten Unternehmen dieser neuen Generation zur Verfügung stellen“, unterstreicht sie.

 

Wie sollte eine Learning Journey aussehen? 

Die Personalentwicklung verändert sich enorm. Vor allem betrachtet man die strategische Personalentwicklung heute nicht mehr isoliert. Sie ist mit der Unternehmensstrategie eng verknüpft und leitet sich aus den Werten und Zielen des Unternehmens ab. Sich als attraktive/r Arbeitergeber*in zu positionieren, ist beispielsweise Bestandteil des Employer Brandings, um Mitarbeitende für das Unternehmen zu gewinnen und diese langfristig zu binden. „Personalentwicklung gibt heute den Rahmen und den Raum für Entwicklung und ist viel stärker ein Ermöglicher, agiert stärker individualisiert und setzt – statt auf einzelne Bausteine – auf ein ganzheitliches Paket“, skizziert Marion Schopen die Veränderungen. Und so geht es bei einer Leadership Journey nicht darum, von Modul zu Modul zu springen, es ist ein fortlaufender Prozess. Die digitale Welt, aber auch Themen wie dezentrale Führung – Mitarbeitende arbeiten nicht nur an unterschiedlichen Standorten, sondern auch in verschiedenen Ländern – erfordern zudem neue Tools und Methodiken.

Wie man Remote führt, lernen die Führungskräfte von morgen also am besten am Rechner. Auch das Lernen über Plattformen wie YouTube und mithilfe von Tutorials muss man nicht in den Seminarraum hineintragen. Wie man selbstbestimmt Lernplattformen nutzt, und das bezieht sich nicht nur auf das E-Learning, dagegen schon. „Der Austausch darüber sollte stattfinden und auch die Vernetzung ist ein Thema für Seminare, denn es geht um Fähigkeiten wie Kooperation und Kollaboration“, weiß Marion Schopen. Ziel muss es aus ihrer Sicht sein, mit Peergroups gemeinsam zu lernen und im Austausch zu sein. Und: Die Lernreise reicht bis hin zum Wissensmanagement. Es geht darum Erkenntnisse zu teilen, kollegiale Beratung zu nutzen, Erlebnisse in Podcasts zu teilen oder auch Interviews zu führen, wie Führungskräfte Führung erlebt haben.

„Einzelne Module wie halbtägige Treffen im virtuellen Raum dienen dagegen dazu, Aufgaben zu besprechen und herauszufinden, wie stark ich als Führungskraft in meiner Selbstdisziplin bin“, sagt Marion Schopen, die die Fähigkeit zur Reflexion zu einer der Zukunftskompetenzen zählt. Denn nicht nur die Potenziale, die in einem schlummern und die man zu Kompetenzen ausbauen kann, auch die Fähigkeit sich selbst zu führen und zu steuern, sind wesentlich. „Dafür muss man die Grenzen der eigenen Komfortzone aufsuchen und darüber hinweggehen“, sagt die Personalentwicklerin. Für sie ist das Thema Selbstführung der Ansatz, um zu ergründen, wo man als Führungskraft steht: Wie fit bin ich in Sachen Zukunft? Wie stehe ich zu den großen kulturellen Themen wie genderoptimierte Sprache im Unternehmen, Diversität oder Inklusion? Gefragt sind neben einem Check-up Offenheit und ein Open-Mind-Set. Das befähigt, Altes hinter sich zu lassen. Der Start liegt also in einem selbst und geht mit einer hohen Selbstverpflichtung einher.

 

Strategische Personalentwicklung

„Noch gibt es in vielen Unternehmen ein Heer von operativen Führungskräften. Häufig sind Menschen mit höchstem Erfahrungswissen in solchen Positionen, die auf ihre Aufgabe, Menschen zu führen, nie wirklich vorbereitet wurden“, stellt Marion Schopen immer wieder fest. Doch Wissensmacht allein reicht nicht. Führungskraft zu sein, erfordert aus Sicht der Diplom-Betriebswirtin besondere Fähigkeiten, um Potenziale zu erkennen, zu fördern und zu heben. „Nach alten Mustern zu agieren, können wir uns für die Zukunft nicht mehr leisten. Gute Talente muss man auch halten können, sie sind sonst weg. Die Mitarbeiterbindung ist der Bottleneck und immer eine Führungsaufgabe“, macht sie deutlich. Und so ist das Thema Menschenführung durch seine nachhaltige Bedeutung für ein Unternehmen für sie fester Bestandteil der Zielvereinbarung und eng gekoppelt an die Fragestellung „Wie viel Zeit nehme ich mir dafür?“ „Mal ganz abgesehen von der Frage, ob Führungskräfte im Fall von Krankheit oder mit Blick auf das Ausscheiden aus dem Unternehmen für eine/n Nachfolger*in gesorgt haben. Bei diesen Fragen wird es oft leise“, weiß Marion Schopen.

Doch welche Werkzeuge braucht es für New Work und New Leadership? Was sind die Future Skills? Fest steht: Personalentwicklung braucht eine Vision und die muss mit der Unternehmensvision kompatibel sein. „Als Führungskraft muss man zum TÜV“, wie es Marion Schopen lässig formuliert. Und zwar um die eigenen Glaubenssätze und Haltungen zu überprüfen und auf den Tisch zu legen. Viele Führungskräfte tun dies bereits und lassen sich coachen. Die Umsetzung bleibt allerdings oft auf der Strecke. Und so muss die eigene Umsetzungskompetenz hinterfragt werden. Denn zwischen dem Verstehen und dem Tun liegt der kleine, aber feine Unterschied. „Noch dazu braucht es ein Umfeld, dass es ermöglicht, sich als Führungskraft zu entwickeln. Sodass man die Dinge, die man gelernt hat, umsetzen kann. Das führt unweigerlich zu Veränderung und ist der Weg vom operativen Führen zum New Leader“, bringt Marion Schopen einzelne Steps auf den Punkt. Und es ist eine Reise, bei der am Ende auch die Erkenntnis reifen könnte, nicht als Leader der Zukunft geeignet zu sein. „Ich denke da an einen Ingenieur, der viel lieber Forschung und Entwicklung im Unternehmen vorantreiben wollte, statt die Führungsrolle auszufüllen. Er hat für sich eine Lösung in Form einer Shared Leadership gefunden. Heute agiert er als Mentor mit drei Mentees“, erzählt Marion Schopen. Sich klar machen, wo man steht und sich im Zweifel davon zu befreien, auch dazu braucht es die entsprechende Einstellung und Haltung. 

 

Führungskräfte benötigen Zukunftskompetenzen

Ganz oben auf der Top-Ten-Liste der Zukunftskompetenzen stehen für Marion Schopen deshalb auch die Themenfelder Kommunikation und Kooperation. Eine genderneutrale Kommunikation gehört für sie heute ebenso selbstverständlich dazu wie digitale Wege der Kommunikation. „Beim Feedback an die junge Generation sollten neben einer gewaltfreien Sprache, auch Diversität und kulturelle Aspekte berücksichtigt werden. Und die Infos sollten so weitergegeben werden, dass sie verständlich sind“, so Marion Schopen mit Blick auf das Doing. Mehr als Moderierende zu agieren und vom Erzählen zum Fragen zu kommen, sollte das Ziel sein. „Lerne wahrzunehmen, wie andere kommunizieren, nur so lässt sich Partizipation leben“, schlussfolgert sie.

Auch der Punkt Interaktion genießt für die Coachin Priorität. Damit einher geht die Einsicht, dass man als Führungskraft nicht alles können muss. Wichtiger ist es, die passenden Fragen stellen zu können, Menschen einzubinden und sich als Teil des Teams zu sehen. „Heute muss man auch an den Schnittstellen des Unternehmens klarkommen“, betont Marion Schopen. Silo-Denken ist nicht mehr gefragt. Ebenso wenig wie ein mangelhaftes Konfliktmanagement. Es sollte konstruktiv ausgerichtet sein. Auch die eigene Entwicklungskompetenz und damit geistige Flexibilität – dazu zählt ein Feedback als auch ein Feedforward – gehört für Marion Schopen zu den erforderlichen Eigenschaften. 

„Es gibt Firmen, die sich schon früh auf den Weg gemacht haben, Neues zu wagen und Veränderung auch in der Führungskultur anzustoßen und umzusetzen. Das trifft auch auf viele familiengeführte Unternehmen in OWL zu. Das mit New Work in Einklang zu bringen, ist nicht immer leicht. Die eigene DNA zu hinterfragen, ist ein Prozess, den ich immer wieder erlebe“, resümiert Marion Schopen.

 

Das Interview führte Corinna Bokermann im Auftrag von „Das kommt aus Bielefeld“.

 

Autorin: Marion Schopen

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