Das Verhalten, bestimmte Tätigkeiten nicht zu beginnen, immmer wieder zu unterbrechen oder einfach nicht zu beenden, nennt man Prokrastination. Oft kann dieses Aufschiebeverhalten mit der Angst vor fehlerhafter Arbeit oder einem unperfekten Ergebnis erklärt werden. In einigen Fällen steckt hinter den Symptomen eine psychisch diagnostizierbare Störung. In diesem Beitrag stelle ich Ihnen einen Test vor, mit dem Sie Ihre persönlichen „Prokrastinationsneigung“ ermitteln können. Zudem verrate ich Ihnen 11 Wege, wie Sie der Aufschiebefalle entkommen.
Ich wette, dass Sie in der ein oder anderen Situation schon einmal diesen Spruch entweder selbst gesagt oder zu hören bekommen haben: „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.“ Wie so oft, wird diese gutgemeinte und auf der Langzeiterfahrung der Menschheit begründete Weisheit immer wieder vernachlässigt. Obwohl wir es also besser wissen müssten, handeln wir in vielen Situationen genau gegenteilig. Wir verschieben Aufgaben auf später, arbeiten nicht gleichmäßig an einem Thema, suchen uns alternative Aufgaben oder verstricken uns in Ersatzhandlungen.
Das mache ich später…
Dass wichtige Aufgaben zu Gunsten unwichtiger verschoben werden, ist ein Alltagsphänomen. Psychologen sprechen von Prokrastination, wenn sich chronisches Aufschiebeverhalten in eine massive Störung der Selbststeuerungsfähigkeit wandelt. Mittlerweile ist der Begriff auch im allgemeinen Sprachgebrauch angekommen und wird von vielen Personen benutzt, um gelegentliches Aufschiebeverhalten zu beschreiben.
Wissenschaftliche Studie zum Thema finden sich häufig im universitären Kontext: Je nach Art des Fragebogens gaben in verschiedenen Untersuchungen etwa 20 – 70% der Studierenden an, regelmäßig aufzuschieben. Das heißt aber nicht, dass „Aufschieberitis“ nur ein Phänomen bei Studenten ist und im Arbeitsleben keine Rolle spielt. Bei Amazon gibt es allein zum Thema Zeitmanagement über 8000 Bücher. Dieses Ergebnis zeigt mir, dass viele Menschen unzufrieden mit ihrem eigenen Arbeits- und Leistungsverhalten sind und deshalb ein so großes Angebot an Ratgeberliteratur seine Käufer findet.
Machen Sie jetzt den Test: Wie stark neigen Sie zu Prokrastination?
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Warum schieben wir auf?
Viele unserer Tätigkeiten aus Beruf, Studium oder Freizeit sind sowohl mit Freiräumen als auch mit Rechten und Pflichten verbunden. Für viele tragen Pflichten dabei immer den Beigeschmack des Müssens in sich. Die Aufgaben sind dann mit negativen Emotionen besetzt. Wir empfinden keinen Spaß bei der Durchführung und finden in den seltensten Fällen Befriedigung bei der Erfüllung der Tätigkeit. In solchen Momenten wenden Menschen die unterschiedlichsten Strategien an. Manche sagen sich, ‚Augen zu und durch, in einer Stunde habe ich die Sachen erledigt‘, andere finden Ersatzaufgaben, die ebenso wichtig erscheinen und kurzfristig Glücksmomente versprechen.
Wie wirkt sich „Aufschieberitis“ aus?
Ein gelegentliches und auf bestimmte Tätigkeiten begrenztes Aufschiebeverhalten kennen wir alle. Wenn Personen den ungeliebten Tätigkeiten allerdings verstärkt aus dem Weg gehen und dazu neigen gleiche oder ähnlichen Aufgaben erneut aufzuschieben, können sich diese Verhaltensmuster verstetigen. Die Vermeidungsstrategie wirkt sich dann nicht nur negativ auf das Arbeitsverhalten sondern auch auf das Lebensgefühl der Personen aus. Sie beginnen an ihren Fähigkeiten zu zweifeln, haben Versagensängste oder entwickeln Gefühlszustände, die einer Depression gleichen.
11 Wege, wie Sie gelegentliche Aufschiebemuster durchbrechen
Wollen Sie Ihre Aufschiebemuster durchbrechen, halten Sie sich an die folgenden Tipps. Sie helfen Ihnen dabei, Ablenkungen zu entkommen, Ihr Vertrauen zu steigern, eine produktive Arbeitsumgebung zu schaffen und ungeliebte Aufgaben nicht weiter aufzuschieben.
1. Lernen Sie sich selbst kennen.
Denken Sie über die Gewohnheiten nach, die Ihr Aufschiebeverhalten hervorrufen. Notieren Sie sich Ihre Gedanken und verstehen Sie die Gründe für Ihr Verhalten.
2. Üben Sie, effektiv zu arbeiten.
Schätzen Sie ein, wie lange Sie für die Erledigung der ungeliebten Tätigkeiten im Normalfall bräuchten. Vergleichen Sie dann Ihre Schätzung mit der realen Arbeitszeit. Planen Sie so Ihr Arbeitsverhalten, verbessern Sie die Qualität und vermeiden Sie Stress.
3. Gehen Sie eine Verpflichtung mit sich selbst ein.
Listen Sie Aufgaben auf, bei denen sie zuversichtlich sind, sie auch beenden zu können. Haken Sie die Sachen ab, wenn Sie die Arbeitsschritte gedanklich und produktiv abgeschlossen haben. Sie stärken dadurch den Glauben an Ihre eigenen Fähigkeiten.
4. Arbeiten Sie in einer für Sie produktiven Arbeitsumgebung.
Wenn Sie die Möglichkeit haben, ihren Arbeitsort zu verändern, machen Sie das. Für den einen ist das Cafe oder das Großraumbüro der perfekte Arbeitsplatz. Andere ziehen sich ins stille Kämmerlein zurück. An Ihrem Lieblingsplatz können Sie sich auf das Wesentliche konzentrieren und Arbeitshindernisse entfernen.
5. Seien Sie realistisch.
Setzen Sie sich angemessene Ziele zur Überprüfung des Arbeitsverhaltens. Sabotieren Sie sich nicht selbst durch eine zu hohe Erwartungshaltung. Unrealistische Ziele verstärken nur das Aufschiebebedürfnis: „Warum soll ich mit der Arbeit beginnen, wenn ich Sie in der angedachten Zeit gar nicht erfüllen kann.
6. Nutzen Sie die Kraft positiver Selbstgespräche.
Haben Sie schon einmal in Ihrer Gedankenwelt zu sich selbst gesprochen? Überlegen Sie einmal, was Sie zu sich selbst sagen, wenn Sie Tätigkeiten aufschieben. Ersetzen Sie diese negativen durch positive Gedanken und stoppen Sie das negative Denken, bevor es beginnt. Ermutigen Sie sich, die Aufgabe anzugehen.
6. Bleiben Sie flexibel
Entwickeln Sie einen Arbeitsplan, in dem Sie nur die wichtigsten Tages-, Wochen- oder Monatsaufgaben notieren. Halten Sie Zeiten vor, die für außerplanmäßige Aufgaben genutzt werden können. Übervolle Arbeitspläne überwältigen. Flexible Pläne mit Freiräumen lassen Glücksgefühle zu, weil Sie schneller bestehende Aufgaben als erledigt markieren können.
7. Gehen Sie lieber in kleinen Schritten als gar nicht.
Unterteilen Sie große Aufgaben in kleine Arbeitsschritte. Gehen Sie Schritt für Schritt vor und erreichen Sie Ihre Zwischenziele. Kleine Einzelziele setzen fortlaufende Impulse, die Arbeit weiterzuführen.
8. Fabulieren Sie nicht über erwünschte Resultate.
Entwerfen Sie praktische und realisierbare Schritte, Ihr Arbeitsergebnis zu erreichen. Auf der einen Seite hilft Ihnen Phantasie dabei, Andere von einer Vision zu überzeugen. Erwünschte Ziele werden dann in den buntesten Farben und wolkigsten Worten beschrieben. Auf der anderen Seite stellen Sie so aber auch eine hemmende Aura der Unerreichbarkeit her. Ergebnisse objektiv in den Blick zu nehmen, kann die Arbeitsleistung verbessern.
9. Planen Sie Arbeitsstörer ein.
Schreiben Sie die Ereignisse auf, die sie von der Durchführung der Aufgaben abhalten könnten. Planen Sie Gegenmaßnahmen. „Immer wenn ich mich in einem sozialen Netzwerk ablenken will, beginne ich lieber ein Gespräch mit meinem Kollegen über meine derzeitige Aufgabe.“ Im Ernstfall sind sie dann schon geistig auf die Situation vorbereitet und verfallen nicht in Handlungsmuster, die Sie aufgeben wollen.
10. Belohnen Sie sich selbst.
Erstellen Sie ein System, mit dem Sie kleine Erfolge feiern und Nachlässigkeiten ahnden. Positive Signale verstärken Anstrengungsbereitschaft und bieten einen Anreiz, Leistung abzurufen.
11. Lernen Sie, sich selbst zu verzeihen
Wenn Sie in alte Muster zurückfallen, seien Sie nicht zu hart zu sich selbst. Es gibt keine schnellen Lösungen für ein Aufschiebeverhalten, welches tief in Ihrer Psyche verwurzelt ist.
Wie gehen Sie vor, um unliebsame Tätigkeiten vom Tisch zu bekommen? Verraten Sie mir doch Ihre Strategie. Ich bin gespannt.