Das Wortschatz-Portal der Universität Leipzig durchforstet täglich die deutsche Sprache und deren Gebrauch. Gibt man das Wort „Komplexität“ ein, werden im Zusammenhang damit häufig genannte Begriffe „zunehmend“ und „reduzieren“ genannt.
Offensichtlich ist der Wunsch groß, eine als zunehmend empfundene Komplexität zu reduzieren.
Wenn die Aufgaben und Probleme in einem Unternehmen immer komplexer werden, kann das eine Reihe von Ursachen haben. Die äußeren Rahmenbedingungen wie z.B. Umweltvorschriften können sich ändern, das Marktumfeld wandelt sich, es gibt plötzlich neue Lieferanten oder neue Technologien ermöglichen andere Produkte.
Das Management kann sich mit der aktuellen Situation überfordert sehen oder sich an einer belastbaren Prognose für die Zukunft die Zähne ausbeißen. Was können Sie also tun?
1. Komplexität erkennen:
Unterscheiden Sie zwischen komplizierten und komplexen Situationen. Komplizierte Situationen sind wie ein Labyrinth: es gibt einen Ausweg, man muss nur genügend über das Labyrinth und seine Abzweigungen wissen, um ihn zu finden. Komplex wird das Labyrinth dadurch, dass jemand laufend die Abzweigungen verschiebt.
- Visualisieren Sie das Problem
Es mag banal klingen, aber es macht einen Unterschied, ob ich ein Problem nur stichpunktartig beschreibe oder es grafisch darstelle. Das liegt daran, wie unser Gehirn Information verarbeitet. - Sorgen Sie für Perspektivenvielfalt
Der Kommunikationstheoretiker Paul Watzlawick sagte „Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel.“ Um diese „Betriebsblindheit“ zu vermeiden, sollten Führungskräfte bewusst Menschen mit unterschiedlichsten Sicht- und Denkweisen in ihr Team holen.
2. Komplexität reduzieren:
Komplexität ist durch eine Vielfalt von Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussen und zudem laufend verändern (können), gekennzeichnet. Suchen Sie also nach Wegen, diese Vielfalt einzudämmen.
- Reduzieren Sie die Vielfalt
Ist die gesamte Breite des Produktspektrums wirklich notwendig und ergebnisträchtig? Durch Weglassen, Bündeln oder Standardisieren von Produkten, Aufgaben und Services kann Komplexität deutlich verringert werden.
Aber Vorsicht: reduzieren Sie Ihren Kunden- oder Lieferantenstamm zu drastisch, schaffen Sie neue Abhängigkeiten. - Delegieren Sie Entscheidungen dorthin, wo die Kompetenz sitzt
In dynamischen Märkten müssen Entscheidungen oft sehr schnell getroffen werden. Und gerade bei großen Unternehmen sind die Wege von dem Vertriebsmitarbeiter vor Ort oder dem Schichtarbeiter am Kessel bis zu einem Entscheidungsgremium in der Zentrale oft sehr lang. Deswegen ist es wichtig, die Entscheidungskompetenz soweit möglich an den Ort des Geschehens zu verlagern.
3. Komplexität beherrschen:
- Entwickeln Sie Szenarien
Die Zukunft ist ungewiss. Wird ein bestimmtes Gesetz verabschiedet? Werden wir den Großauftrag bekommen? Um dieser Ungewissheit habhaft zu werden, hilft es, Szenarien zu entwickeln. Überlegen Sie, was im schlimmsten Fall passieren kann und ob das Risiko für Sie tragbar ist. Setzen Sie Meilensteine und Zeitpunkte, zu denen Sie die Annahmen überprüfen und gegebenenfalls anpassen. - Etablieren Sie engmaschige Lern-Schleifen
Generell ist es in komplexen Situationen sinnvoll, das eigene Vorgehen regelmäßig zu überprüfen, insbesondere in Situationen, wo man „gar nichts“ weiß, sogenannten „wicked problems“ oder bösartige Problemen. - Lernen Sie aus Erfahrungen
Wenn Sie eine komplexe Situation gemeistert haben, liegt es nahe kurz aufzuatmen und sich dann wieder dem Tagesgeschäft zu widmen. Tun Sie das nicht. Nehmen Sie sich die Zeit, zu reflektieren, worin genau die Komplexität bestand, welches Vorgehen erfolgreich war und welches nicht. Lernen Sie aus der Erfahrung – für das nächste Mal. Denn Managen bedeutet: mit Komplexität umgehen können.
Über die Autorin:
Maike Braun ist promovierte Biologin (PhD). Nach zwei Jahren Hirnforschung ging sie zu McKinsey & Company, wo sie vor allem in der Automobilindustrie und im Anlagenbau arbeitete. Seit 2003 ist sie selbständige Unternehmensberaterin und Wirtschaftsmediatorin mit den Schwerpunkten Organisationsentwicklung und Begleitung von Veränderungsprozessen, Wissens- und Erfahrungstransfer sowie Konfliktmanagement.
In ihrer Freizeit liest und schreibt sie Krimis.
Seit 2007 gibt sie Inhouse Seminare für das IME.